Kann die 44-EUR-Grenze überschritten werden?
Bei dem Betrag von 44 EUR handelt es sich um eine Freigrenze. Wird der Betrag von monatlich 44 EUR überschritten, ist der gesamte Wert des Sachbezugs der Lohnbesteuerung zu unterwerfen. Zuzahlungen des Mitarbeiters sind möglich. Für die Feststellung, ob die 44-EUR-Freigrenze überschritten ist, werden die in einem Kalendermonat unentgeltlich und verbilligt gewährten Sachbezüge – nach Anrechnung der evtl. vom Mitarbeiter gezahlten Entgelte – zusammengerechnet.
Ferner handelt es sich um eine monatliche Freigrenze, sodass die in einem Monat nicht ausgeschöpften Beträge nicht auf andere Monate übertragen werden können. Außerdem darf die monatliche 44-EUR-Freigrenze nicht auf einen Jahresbetrag „hochgerechnet“ werden.
Beispiel: Überschreiten der 44-EUR-Freigrenze
Der Mitarbeiter hat im Laufe des Kalenderjahres keine Sachbezüge auf Grund seines Dienstverhältnisses erhalten. Zum Weihnachtsfest schenkt sein Arbeitgeber ihm zum Dank für die vertrauensvolle Zusammenarbeit einen Warengutschein im Wert von 400 EUR.
Der Gutschein stellt steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, weil die 44-EUR-Freigrenze überschritten ist. Es ist unerheblich, dass der Mitarbeiter die Freigrenze in den übrigen Monaten des Kalenderjahres mangels Gewährung eines Sachbezugs nicht in Anspruch genommen hat, da die monatliche Freigrenze nicht auf das Kalenderjahr hochgerechnet werden darf.
Steht der Mitarbeiter zu verschiedenen Arbeitgebern in Dienstverhältnissen, kann die monatliche Freigrenze von 44 EUR hingegen mehrfach in Anspruch genommen werden.
Ist eine Gehaltsumwandlung von Barlohn in einen Sachbezug möglich?
Nein, seit dem 01.01.2020 gilt die Freigrenze in Höhe von 44 EUR ausschließlich, wenn der Sachbezug zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geschuldet wird.
Ausnahme: Eine Gehaltsumwandlung von Barlohn in einen Sachbezug bzw. Gutschein ist mit Wirkung für die Zukunft (ab dem folgenden Monat) steuer- und auch sozialversicherungsrechtlich zulässig. Das gilt auch, um zukünftig die 44-EUR-Freigrenze in Anspruch nehmen zu können. Allerdings ist eine Änderung des Arbeitsvertrages erforderlich. Es darf kein Wahlrecht des Mitarbeiters zwischen Geld und einer Sachleistung bestehen.
Bewertung von Sachbezügen
Die monatliche Freigrenze von 44 EUR kann nur für alle in einem Monat unentgeltlich oder verbilligt gewährten Sachbezüge, die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewerten sind, in Anspruch genommen werden. Dies sind Sachbezüge, für die keine amtlichen Sachbezüge festgesetzt sind und die nicht nach § 8 Abs. 3 EStG (Rabattfreibetrag) zu bewerten sind.
Die allgemeine Bewertung der Sachbezüge nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG erfolgt mit den um übliche Preisnachlässe geminderten Endpreisen am Abgabeort zum Zeitpunkt der Abgabe (R 8.1 Abs. 2 LStR).
Erhält der Mitarbeiter eine Ware oder Dienstleistung, die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewerten ist (Einzelbewertung), so kann sie aus Vereinfachungsgründen mit 96 % des Endpreises bewertet werden, zu dem sie der Abgebende oder dessen Abnehmer fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet (R 8.1 Abs. 2 Satz 9 LStR).
Die Anwendung dieser Regelungen auf Gutscheine kommt u. E. aber nur in Betracht, wenn darin eine konkrete Sache bezeichnet ist, für die eine Bewertung erfolgen kann. Gutscheine über einen EUR-Betrag sind mit ihrem Nennwert anzusetzen. In diesen Fällen ist insbesondere die 96-%-Vereinfachungsregelung nicht anwendbar.
Welche anderen Sachbezüge müssen bei der Prüfung der 44-EUR-Grenze (nicht) einbezogen werden?
Vorteile, die nach § 8 Abs. 2 Satz 2 bis 8 EStG bewertet werden, bleiben außer Betracht.
Steuerpflichtige Sachbezüge i. S. d. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG, die nach § 40 EStG pauschal besteuert werden, bleiben bei der Überprüfung, ob die 44-EUR-Grenze überschritten ist, außer Ansatz (R 8.1 Abs. 3 Satz 1 LStR).
Für nach § 37b EStG pauschalierte Sachbezüge gilt Entsprechendes.
Beispiel: Firmenwagen und Warengutschein
Ein Mitarbeiter nutzt seinen Firmenwagen auch privat. Der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung wird korrekt versteuert. Im Mai erhält der Mitarbeiter von seinem Arbeitgeber wegen besonders guter Leistungen einen Warengutschein im Wert von 44 EUR.
Der geldwerte Vorteil ist in Anwendung der monatlichen 44-EUR-Freigrenze lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei. Denn der Sachbezug aus der Privatnutzung des Firmenwagens ist bei der Prüfung der 44-EUR-Freigrenze nicht zu berücksichtigen, weil er nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG zu bewerten ist.
Beispiel: Betriebsveranstaltung und Buchgutschein
Im August versteuert der Arbeitgeber für eine Betriebsveranstaltung je Mitarbeiter pauschal (mit 25 %) 150 EUR. Daneben ist einem Mitarbeiter Ende August wegen eines Verbesserungsvorschlags ein Buchgutschein im Wert von 40 EUR überreicht worden.
Der aus der Betriebsveranstaltung resultierende, nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG pauschal versteuerte Arbeitslohn bleibt bei der Überprüfung, ob die Freigrenze überschritten ist, außer Ansatz. Der Gutschein ist somit im Rahmen der 44-EUR-Freigrenze steuerfrei.
Wann fließt der Sachbezugsvorteil aus einem Gutschein dem Mitarbeiter zu?
Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass der Zufluss von Arbeitslohn bei einem Gutschein, der bei einem Dritten einzulösen ist, bereits mit Hingabe des Gutscheins erfolgt, weil der Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt einen Rechtsanspruch gegenüber dem Dritten erhält. An diesem Tag ist die Höhe des geldwerten Vorteils zu bestimmen. Spätere Wertveränderungen sind lohnsteuerlich ohne Bedeutung. Dem Mitarbeiter wird durch diese Sichtweise die Möglichkeit eingeräumt, Gutscheine mehrere Monate lang zu sammeln. Anders ist es hingegen für beim eigenen Arbeitgeber einzulösende Gutscheine.
Beispiel: Abgabe eines Benzingutscheins
Die Firma gewährt ihrem Mitarbeiter folgenden Gutschein: „42 Liter Super-Benzin“. Der Arbeitgeber hat ermittelt, dass bei Hingabe des Gutscheins der Liter Super 1,069 EUR kostet. Im Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins durch den Mitarbeiter ist der Sprit-Preis auf 1,129 EUR gestiegen.
Die 44-EUR-Freigrenze ist anwendbar, da sich für den Gutschein im Zeitpunkt der Hingabe ein geldwerter Vorteil in Höhe von 43,10 EUR ergibt (42 Liter x 1,069 EUR = 44,90 EUR davon 96 % = 43,10 EUR; der Bewertungsabschlag von 4 % ist hier vorzunehmen, weil eine konkrete Bezeichnung erfolgt ist).
Unmaßgeblich ist, dass sich für den Mitarbeiter im Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins ein Vorteil von mehr als 44 EUR ergibt (42 Liter x 1,129 EUR = 47,42 EUR x 96 % = 45,52 EUR).
Welche Aufzeichnungs- und Nachweispflichten müssen bei der Anwendung der 44-EUR-Freigrenze erfüllt werden?
Der Arbeitgeber trägt die Beweislast, dass die ausgegebenen und im Unternehmen nicht mehr vorhandenen Gutscheine den Vorgaben der Finanzverwaltung entsprechen. Daher sollte im Unternehmen eine Kopie der an die Mitarbeiter herausgegebenen Gutscheine, zumindest aber ein Muster der Gutscheine, vorgehalten werden. Die Kopie des Gutscheins sollte der Personalakte des Mitarbeiters beigefügt werden.
Der Arbeitgeber muss alle Sachbezüge, auch ausgegebene Gutscheine, im Lohnkonto eintragen und zwar auch dann, wenn sie in Anwendung der Freigrenze von monatlich 44 EUR steuerfrei bleiben. Zur Erleichterung dieser Aufzeichnungsverpflichtung wird es gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 LStDV zugelassen, dass Sachbezüge, die in Anwendung der monatlichen 44-EUR-Freigrenze steuerfrei bleiben, dann nicht im Lohnkonto aufgezeichnet werden müssen, wenn durch betriebliche Regelungen und entsprechende Überwachungsmaßnahmen gewährleistet ist, dass die Freigrenze von 44 EUR monatlich eingehalten wird. Diese Aufzeichnungserleichterung muss allerdings beim Betriebsstätten Finanzamt ausdrücklich beantragt werden.
Gelten die Grundsätze zur Sachbezugsfreigrenze auch für Warengutscheine vom eigenen Arbeitgeber?
Warengutscheine, die beim eigenen Arbeitgeber einzulösen sind, stellen ebenfalls einen Sachbezug dar.
Ist der Gutschein beim eigenen Arbeitgeber einzulösen, fließt allerdings Arbeitslohn erst bei Einlösung des Gutscheins zu. Auf Gutscheine über Waren und Dienstleistungen aus dem Sortiment des Arbeitgebers findet zudem der jährliche Rabattfreibetrag von 1.080 EUR Anwendung.
Beispiel: Warengutschein in Verbindung mit Rabattfreibetrag
Das Lebensmittelgeschäft gibt seinen Mitarbeitern jeden Monat einen Warengutschein im Wert von 44 EUR, der zum Bezug von Lebensmitteln des Geschäfts berechtigt.
Der Wert dieser Sachbezüge ist in Anwendung des Rabattfreibetrags in Höhe von 1.080 EUR jährlich steuerfrei. Die Anwendung der 44-EUR-Freigrenze kommt nur für Sachbezüge in Betracht, auf die der Rabattfreibetrag nicht anzuwenden ist.
Gelten die Grundsätze zur Sachbezugsfreigrenze auch für Aufmerksamkeiten?
Sachleistungen des Arbeitgebers, die auch im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung der Mitarbeiter führen, gehören als bloße Aufmerksamkeiten nicht zum Arbeitslohn. Aufmerksamkeiten sind Sachzuwendungen bis zu einem Wert von 60 EUR, die dem Mitarbeiter oder seinen Angehörigen aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses zugewendet werden (R 19.6 Abs. 1 LStR).
Die vorstehenden Grundsätze gelten gleichermaßen für die Anwendung der (steuerfreien) 60-EUR-Grenze in den Fällen, in denen Warengutscheine als Aufmerksamkeiten aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses (Geburtstag, bestandene Prüfung, Betriebsjubiläum) zugewendet werden. Die Gewährung von Aufmerksamkeiten ist unabhängig von der Sachbezugsfreigrenze von 44 EUR und kann zusätzlich in Anspruch genommen werden.
Der Unternehmer kann alle innerhalb eines Jahres gewährten Sachzuwendungen mit pauschal 30 % versteuern. Die Pauschalierung ist jedoch nur bis zu einem Wert von 10.000 EUR zulässig. Aufmerksamkeiten bis zu einem Wert von 60 EUR bleiben hierbei außer Ansatz.
Beispiel: Gutschein anlässlich des Geburtstags eines Mitarbeiters
Der Mitarbeiter erhält zum Geburtstag von seinem Arbeitgeber einen Gutschein über 60 EUR zur Einlösung in einer Buchhandlung.
Da die 60-EUR-Grenze für (steuerfreie) Aufmerksamkeiten nicht überschritten ist, wird der geldwerte Vorteil nicht besteuert.